Wiedereinbürgerung des Lachses in der Leine

Der Anfang ist gemacht!

Am 4. April 2001 sind insgesamt 4.000 Smolts / Parrs und 30.000 Brütlinge in Nebengewässer der Leine eingesetzt worden.

Die Federführung bei dem Versuch der Wiederansiedlung hat die Fischereigenossenschaft „ Leine II“, allen voran dessen Vorsitzender Günter Ohnesorge. Der Grundstein zur Besatzaktion wurde dann am 14.Februar 01 gelegt, indem alle 13 Pächtervereine eingeladen wurden um die Maßnahme zu erörtern.
Bei diesem Gespräch wurde schnell klar, das im Prinzip alle Vereine dafür waren und das Wiederansiedlungsprogramm beginnen konnte.

So, aber nun alles der Reihe nach:

Bevor der eigentliche Besatz getätigt werden konnte, mussten natürlich etliche organisatorische und verwaltungstechnische Aufgaben erledigt werden.

So musste die geplante Wiederansiedlungsmaßnahme beim NLÖ angezeigt werden. An diese Stelle noch einmal ein Dankeschön an Herrn Kämmereit, der sich sehr kooperativ und bemüht gezeigt hat. Die konstruktive Zusammenarbeit mit dem NLÖ, wird auch in der Zukunft ein wichtiger Bestandteil des hoffentlich erfolgreichen Wiederansiedlungsprogramms sein.

Nachfolgend nun das Konzept, mit dem die Besatzaktion mit ausländischen Fischen beim NLÖ beantragt wurde.

Konzept zur Wiederansiedlung des Lachses in der Leine

1. Geschichtlicher Rückblick

Damit eine Genehmigung zum Besatz mit ausländischen Fischen erteilt wird, muss nachgewiesen werden, dass es sich bei den zu besetzenden Fischen um ehemals heimische Fischart, sprich um eine Wiederansiedlung handelt.

Nachfolgend einige Beweise das in der Leine einmal Lachse heimisch gewesen sind:

  • In der von Paul Graff verfassten „Geschichte des Kreises Alfeld“  wird auf den Seiten 170 und 171 von dem Wildbestand, den Jagdrechten und Fischereirechten berichtet.
    Dort heißt es auf der Seite 171 unter der Überschrift Fischerei : „… Von wo bis Limmer der Alfelder Rat  das Recht hat, dem das sog. Winzenburger Wasser, d.h. das Wasser der Leine neben und unter der Stadt Alfeld 15133 gegen Lieferung des 1. und 10. Lachses oder Störes an den Herzog zu Neujahr übertragen wurde….“
  • In einem weiteren Absatz heißt es dann weiter: „ Der Fischreichtum muss früher bedeutender gewesen sein. Denn in den Verzeichnissen dessen, was die Latendörfer dem Domkapitel im Mittelalter liefern mussten, werden viele Fischlieferungen genannt. Da reichten die Flüsse und Bäche kaum aus, so dass man Fischteiche anlegen musste, wie zum Beispiel vor 1221 durch Lippold von Escherde bei Winzenburg geschah (Janicke I S. 736). Am häufigsten werden Lachse, Aale und Hechte u. a. genannt. Noch unter der Regierung des Fürstbischofs Friedrich Wilhelm (1761 bis 1789) wurde bei Kleinfreden, allerdings ausnahmsweise, ein 24pfündiger Lachs gefangen (Günther a. a. O.).“
  • Aus einem Gespräch mit dem Freiherrn v. Cramm aus Brüggen vor einigen Jahren konnte Günter Ohnesorge erfahren, dass in Lohnbüchern der Tagelöhner Beschwerde darüber geführt worden ist, wenn die Tagelöhner öfter als 3 Mal in der Woche Lachs essen sollten.
  • In einem Vortrag, der vor zwei Jahren in unserem Heimatmuseum zu dem Thema „Flößerei in der Leine“ gehalten wurde, wurde ebenfalls davon berichtet, dass durch die fortschreitende Industrialisierung in der Zeit nach 1860 mehrere größere Mühlen mit entsprechenden Wehren  im Verlauf der Leine angelegt worden sind, durch die die Flößerei so umständlich und teuer gemacht wurde, dass sie nicht mehr konkurrenzfähig war. Außerdem, so wurde vorgetragen, seien in der Folge auch die ansonsten häufig vorkommenden Lachse in der Leine ausgeblieben.

Es gibt unseres Erachtens genügend Nachweise darüber, dass in der Leine Lachse vorgekommen sind. Wenn man weitere Recherchen bei den Heimatpflegern der leinanliegenden Orte anstellen würde, ließen sich bestimmt noch eine ganze Anzahl von Nachweisen früher Lachvorkommen in der Leine beschaffen.

Für uns steht deshalb fest, dass es sich bei unserem Vorhaben um eine Wiedereinbürgerungsmaßnahme handelt.

2. Teilnehmer an der Maßnahme

In seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Fischereigenossenschaft „ Leine II“ hatte Günter Ohnesorge am 14. Februar 2001 die 13 Pächter Vereine eingeladen, an die die Fischereigenossenschaft die Fischereirechte in der ca. 95 Kilometer langen Leinestrecke verpachtet hat. Es ging darum zu klären, ob die Fischereivereine es für sinnvoll hielten, auch in der Leine eine Wiedereinbürgerung des Lachses in Angriff zu nehmen.

In dieser Besprechung haben sich die anwesenden Vertreter folgender Vereine bereit erklärt, sich an einem Wiedereinbürgerungsprogramm für den Lachs zu beteiligen:

ASV Northeim, ASV Hohnstedt, SFV Juliusmühle, FV Einbeck, SAV Kreiensen-Bad Gandersheim, SAV Freden, ASV Alfeld, FV Gronau (Leine), ASV Elze, SFV Hildesheim v. 1904, SFV „Alte Leine“ Rössing, SFV Sarstedt und der Fischereiverein Hannover.

In dieser Besprechung wurde nach der Klärung der grundsätzlichen Frage, der Sinnhaftigkeit eines Lachs Programms, auch darüber gesprochen, welche Organisationsform für die weitere Betreuung des Projektes gewählt werden sollte. Dazu wurde von den anwesenden Vereinsvertretern vorgeschlagenen, das Programm, das ein Programm der Angelvereine sein soll, bis auf weiteres unter der Regie der Fischereigenossenschaft fortzusetzen.

3. Besatz Konzeption

In der vorgenannten Besprechung am 14. Februar war dann der Schwerpunkt der weiteren Überlegungen, ob und wenn ja wo, ausreichende Laichgewässer zur Verfügung stehen, in die die ersten Lachsbrütlinge ausgesetzt werden könnten und in die sie auch wieder zurückkehren würden.

So wurde z.B. vom Fischereiverein Hannover eine aktive Teilnahme auch unter finanzieller Beteiligung zugesagt; gleichzeitig jedoch erklärt, dass der FVH keine geeigneten Laichgewässer zur Verfügung habe.

Andere Vereine sagten eine Überprüfung ihrer Gewässer hinsichtlich der geeigneten Gewässerstruktur, insbesondere auch des geeigneten Bodensubstrates zu.

In der Folgezeit wurden viele Einzelgespräche zwischen dem Unterzeichner und den Vereinsvertretern geführt. Dabei wurden auch eine große Anzahl Nebengewässer der Leine angesprochen, die nach Meinung der kompetenten Vereinsgewässerwarte für eine Lachsanzucht geeignet sind.

Es war verabredet, zu versuchen, die Besatzfische nicht in die Leine direkt einsetzen zu müssen, sondern den Besatz in geeigneten Nebengewässern auszubringen. Auf Grund der Erfahrungen der südlichen Leinevereine Bad Ganderheim – Kreiensen, Einbeck und Northeim mit dem starken Auftreten der Kormorane in diesem Bereich der Leinestrecke, wurde in Frage gestellt, ob die Besatzfische in der Leine überhaupt eine Überlebenschance hätten.

Diese Bedenken wegen der Kormoranbestände sind bis heute nicht ausgeräumt und werden das Programm neben der Frage der Durchgängigkeit der Leine vorrangig begleiten.

Nachdem wir klären konnten, wie viele Lachsbrütlinge wir kurzfristig in diesem Frühjahr bekommen könnten und sich die Vertreter des ASV Elze und des FV Hannover über den seit einiger Zeit in Rede stehenden erfolgreichen Besatz mit Smolts informiert hatten und bei Herrn Brumond-Rüter 1.000 bzw 3.000 Stck bestellt wurden, geht unser Programm nunmehr in die konkrete Phase.

In den sich anschließenden Gesprächen, die sich bis gestern hinzogen, sind wir übereingekommen, unseren Besatz zumindest in diesem Jahr zweigleisig vor zu nehmen. Wir werden neben den o.g. Smolts also 30.000 Brütlinge aussetzen.

Diese Fische stammen nach Auskunft der beiden Lieferanten Brumond – Rüter und Hartwig Hahn alle aus dem westschwedischen Lagan Fluss.

Der geplante Initialbesatz:

a) Smolts:

1.000 St. in die Aakebeeke südwestlich der Stadt Elze. Die Aake mündet in die Saale.
1.000 St. in die Gleene von der Mündung in die Leine bis nach Brüninghausen
1.000 St. in die Wispe von der Mündung in die Leine bis zur Ortschaft Delligsen;
1.000 St. in die Ilme oberhalb der Stadt Einbeck.

b) Brütlinge:

8.000 St. in die Despe von der Mündung in die Leine bis zur Ortschaft Nienstedt;
8.000 St. in den Winzenburger Bach;
10.000 St. in das sog „Krumme Wasser“ einem Nebenfluss der Ilme im Bereich von Einbeck;
4.000 St. in die Leine in die Bereiche der neuangelegten Sohlgleiten in Alfeld und der Stadt Gronau (Leine).

Durch diese doppelgleisige Besatzstrategie wollen wir zu Erkenntnisse kommen, welcher Besatz die größere Zahl von Rückkehrern bringen wird, um darauf unsere Entscheidung für den weiteren jährlichen Besatz in den kommenden Jahren zu gründen.

Wir gehen davon aus, dass wir in den nächsten 10 Jahren einen jährlichen Besatz durchführen müssen.

Um hier erfolgreich zu sein, werden wir nicht umhinkommen, auf die Kormoranproblematik sehr intensiv hinzuweisen. Unser Ziel ist auch, das Programm nach Süden hin auszuweiten und die von der Wasserqualität geeignete Ruhme sowie die Vorharzgewässer nutzen zu können.

Mehr Info’s zur Kormoranproblematik

Wegen der ebenfalls erforderlichen Durchgängigkeit der Leine sind mit dem Leineverband Gespräche geführt worden. Nach Aussagen des Geschäftsführers Herr Schröder, hat der Leineverband den Auftrag, die Durchgängigkeit bis zum Jahr 2006 herzustellen. Das betrifft die Turbinenanlagen in Freden (2001), in Schulenburg (2002), in Banteln (2003) und in Brüggen (2004).
(Hier ein interessanter Beitrag zum Thema Renaturierung)

Die erforderlichen Mittel sollen aus dem ETLR Programm der EU bzw. dem ProLand Programm des Landes Nds. kommen.

Hinsichtlich der Schaffung der Durchgängigkeit in den direkten Bereichen der Turbinen und Rechenanlagen sollen Abwanderungshilfen geschaffen werden. Hier hat mir Herr Prof. Dr. Blümel zugesagt, zu berechnen, welche Strommengen für die Erzeuger entfallen, wenn während der Abwanderung der Smolts diese Bypässe in Betrieb gehalten, d.h. mit ausreichendem Wasser versorgt werden. Hier wäre vielleicht eine Ablösezahlung möglich.

Ich gehe davon aus, dass das NLÖ bei der Genehmigung von Um- oder Ausbauten der vorhandenen Turbinenanlagen dafür Sorge trägt, dass die erforderlichen umweltschutzrechtlichen Ausgleichsmaßnahmen auch gefordert und umgesetzt werden.

Letztlich hat Herr Schröder zugesagt, dass bei der Anlegung weiterer im Leineverlauf geplanter rauen Sohlgleiten, die eine Vertiefung der Flusssohle der Leine verhindern sollen, das für die Laichbetten erforderliche Bodensubstrat eingebaut wird. Er hat auch seine Mithilfe zugesagt, wenn sich zeigt, dass in bestimmten Bereichen der evtl. zu feine Leinekies durch das gröbere Substart ausgetauscht werden sollte.

Zusammenfassung der Eckpunkte unsere Konzeptes:

  • Eine Wiedereinbürgerungsmaßnahme für den Leinelachs
  • Ein Projekt der Angler, mit dem langfristigen Ziel, einen stabilisierten Lachsbestand auch fischereilich zu nutzen
  • Besatz mit Brütlingen oder Smolts für voraussichtlich 10 Jahre, mit dem Ziel, die Rückkehrer für den Aufbau eines eigenen Stammes zu nutzen
  • Herstellung der Durchgängigkeit der Leine und ihrer größeren Zuflüsse
  • Schutz des Lachsbestandes vor übergroßen Mengen von Fischfeinden, vorrangig vor Kormoranen

Herr Kämereit (NLÖ) hat dem vorgenannte Konzept unverzüglich zugestimmt und seine Unterstützung des Programms zugesagt. Insbesondere werde das NLÖ darauf achten, dass die naturschutzrechtlichen Belange bei Gewässerausbauten, Mühlenumbauten bzw, Erweiterungen von Turbinenanlagen berücksichtigt werden.

Der Besatz

Nach erfolgter Genehmigung unseres Konzeptes, ging es nun darum dem eigentlichen Besatz zu koordinieren.

Am 7. April 2001 wurden dann die Lachse geliefert. Die Smolts / Parrs sind aus Dänemark angeliefert worden und waren in einer hervorragenden Kondition.
Die Brütlinge sind von Hartwig Hahn angeliefert worden und waren ebenfalls sehr kregel.
Für alle gelieferten Fische liegen uns Gesundheitszertifikate vor, die wir den Vereinen, die in ihren Bereichen Fische ausgesetzt haben, zugesendet haben.

Besonders erfreulich war es, dass sich private Pächter in der Gleene und der Wispe bereit gefunden haben, ihre Gewässerstrecken für den Besatz mit Smolts bzw. Parrs besetzen zu lassen. Das war eine große Hilfe, weil damit derAufwuchs der Fische in einer geschützteren Umgebung möglich ist und damit die Aufwuchschancen enorm verbessert werden konnten.
Die Brütlinge wurden auf das Krumme Wasser, den Reinebach bei Delligsen, einen Nebenbach der Wispe, den Winzenburger Bach, die obere Gleene und die Despe ausgesetzt. Auch hier lagen dankenswerte Einverständnisse von privaten Gewässerpächtern vor.

Es war ein logistische Herausforderung, einen reibungslosen Besatz auf der ca. 70 Km langen Leinestrecke zu schaffen. Mit der Hilfe der vielen freiwilligen Helfer war das hervorragend möglich und wir bedanken uns auf diesem Wege bei allen, die an diesem Samstag ihre Freizeit geopfert haben und tatkräftig mitgeholfen haben.

Der Besatz wurde unter reger Anteilnahme der örtlichen Presse, der AFZ Fischwaid und sogar des Fernsehens durchgeführt und wir haben eine „gute Presse“ bekommen. So wurden wir von vielen Menschen angesprochen die uns Erfolg gewünschten. Andere fanden es einfach gut, dass Angelvereine bereit sind, Geld und Arbeit in eine solche Aktion zu investieren.

Fotos : Lothar Uhde

Wir meinen, das es ein gelungener Anfang für unser Wiedereinbürgerungsprogramm gewesen ist und wir in dieser Richtung weitermachen sollten.

Um die jetzt auf uns zukommenden Arbeiten bewältigen zu können, wurde eine Arbeitsgruppe gebildet. Diese Arbeitsgruppe besteht aus Mitgliedern der beteiligten Vereine und wird weitere Aufgaben der Wiederansiedelungsmaßnahme koordinieren.