Mit großer Erwartung aber auch einigen Zweifeln am eigenen Tun fieberten alle Beteiligten des Projektes diesem Tag entgegen. Kein geringerer als Gerd Holdensgard leitender Direktor von „Denmarks Center for Vildlaks“ hatte sich mit seinem Biologen Sören Thomassen zu einen Besuch an der Leine angemeldet. Ein halbes Jahr nach dem “seine” jungen Lachse in der Leine ausgesetzt wurden, wollte er schließlich wissen wie es ihnen ergangen ist. Gleichzeitig sollte das Projekt “Leine-Lachs 2001” natürlich auch analysiert werden. Besonderer Augenmerk galt natürlich den Habitaten und der Durchgängigkeit. Da uns vorher bewusst war, dass besonderst in Sachen Durchgängigkeit noch großer Handlungsbedarf besteht, wollten wir die Chance nutzen Tipps vom Profi zu bekommen, wie man die Sache am besten angeht und welches die geeigneten Auf- und Abstiegshilfen sein könnten.

Als ersten Anlaufpunkt wählten wir die Verbauung in Alfeld an der Papierfabrik. An diesem Streichwehr wurde bereits ein Umgehungsgerinne installiert. Um so gespannter waren wir auf  die Einschätzung des Experten, ob diese Art der Auf- und Abstiegshilfe für den Lachs geeignet sei. Nach Einschätzung von Gerd Holdensgard ist vermutlich die Lockströmung am Ein- sowie am Auslauf zu niedrig. Der Auslauf könnte auch noch etwas näher am eigentlichen Wehr liegen. Ob diese Umgehung vom Lachs angenommen wird bleibt abzuwarten. Nachbessern könnte man noch durch eine Auf- und Abstiegshilfe direkt am Wehr, durch die natürliche eine ordentlich Menge Wasser fließen sollte.

Nun ging es zur Ilme. Vor einem halben Jahr haben wir hier unter anderem unsere 1-jahrigen Lachse vom DCV ausgesetzt. Rein theoretisch müssten sich noch Junglache im Gewässer befinden, da beim Besatz im April sicher nur ein Teil der Fische smoltifiziert und somit abwanderungswillig war. Genau diese im Gewässer verbliebenen Fische wollten wir uns mit Hilfe eines E-Fischens nachweisen. Die Spannung stieg. Heinz Pyka stieg nun in einen ruhigeren tieferen Bereich der Ilme ein und begann mit dem E-Fischen. Die ersten Meter brachten keinen Erfolg. Heinz fischte nun weiter stromauf. Die Strömung wurde stärker und das Wasser flacher. Und tatsächlich die ersten Fische ergaben sich dem E-Gerät. Zunächst aber nicht die erhoffte Fischart. Dann kam von Heinz der Hilferuf “jetzt brauche ich mal die Hilfe von Experten”. Kurze Analyse von unseren dänischen Freunden und dann stand es fest: Die Lachse sind noch da und in welch einer Verfassung. Kurz danach wurden zwei weitere Junglachse gefangen, die sich ebenfalls in einer hervorragenden Kondition befanden. Unsere Bedenken in Sachen Lebensbedingungen in den von uns ausgewählten Besatzgewässern hatten sich glücklicherweise nicht bestätigt. Gerd sagte weiterhin, dass die Ilme eine ideale Kinderstube wäre und wir uns glücklich schätzen könnten derartige Gewässer zu besitzen.

Weiter ging es nun Richtung Bad Gandersheim. Hier wurde nun etwas unerfreuliches besichtigt, ein Wasserkraftwerk ohne jegliche Auf- / Abstiegshilfe. Hübsch hässlich solch ein Bauwerk. Immerhin gibt es die Bereitschaft des Betreibers etwas für die Durchgängigkeit zu tun. Zwischen den beiden Einläufen zu den Turbinen sieht man einen Schacht, der Quer durch das Gebäude läuft und auf der anderen Seite fasst auf Wasserhöhe wieder austritt. Hier soll ein Fischpass eingebaut werden. Unsere Experten waren der Meinung, dass diese Idee funktionieren könnte. Wichtig ist aber auch hier, dass die Wassermenge groß genug ist, damit eine ordentliche Lockströmung entstehen kann. Bemängelt wurde auch der Rechenabstand, der mit 20mm noch viel zu groß ist. Abwandernde Smolts würden hier vermutlich durch die Turbinen schwimmen, die Folgen dürften hinreichend bekannt sein. Nach dieser Besichtigung kehrten wir erst einmal in einen Landgasthof ein und sorgten für unser leibliches Wohl. Inzwischen stieß auch Ede Brumund – Rüther zu uns, der vormittags noch einem anderen Lachsprogramm einen Besuch abstattete.

Frisch gestärkt fuhren wir nun zur Wispe. Der Sportfreund mit dem wir verabredet waren, erwartete uns schon mit einer Plastiktüte die mit Wasser gefüllt war. Neugierig strebten alle zur Tüte um einen Blick zu erhaschen. Und tatsächlich, der Inhalt bestand aus zwei tollen Junglachsen. Gefangen hatte er sie nicht mit dem E-Gerät sondern Kurzerhand mit Fliegenrute und Nymphe. Die Fische wurden anschließend sofort in ihr Element zurückgesetzt. Heinz Pyka stieg jetzt noch einmal in die Wathose und bewaffnete sich mit dem E-Gerät. Da wir hier im Frühjahr 1-jährige Lachse und zusätzlich in einem Nebenbach Brütlinge gesetzt und wollten wissen ob die Brütlinge noch da sind und wie sie, wenn vorhanden, abgewachsen sind. Ede Brumund – Rüther analysierte inzwischen die Nährtiere im Gewässer. Köcherfliegenlarven, Bachflohkrebse alles da was der Junglachs zu gedeihen braucht. Heinz hatte inzwischen die ersten Lachse und Bachforellen mit dem E-Gerät gefischt. Die nicht immer einfache Unterscheidung der beiden Fischarten klappte inzwischen perfekt. Einen kleineren Junglachs nahm Gerd Holdensgard unter die Lupe. Er war der Meinung, dass es sich hier durchaus um einen ehemaligen Brütling handeln könnte. Unter idealen Bedingungen, die die Junglachse in der Wispe vorfinden, könnten sie durchaus zu der vorgefundenen Größe abwachsen. Wir waren jedenfalls mit den Erkenntnissen mehr als zufrieden. Klasse das sich sogar unsere Brütlinge, die wir von Hartwig Hahn bezogen haben, scheinbar so gut machen.

Von den schönen Dingen des Lebens ging es nun wieder zu den unerfreulichen. Gemeint ist die alte Mühle in Banteln. Heute fungiert sie als Wasserkraftwerk. Auch hier gäbe es die Möglichkeit einen Schacht der durch das Gebäude läuft als Fischaufstieg zu nutzen. Hier muss ebenfalls dringend etwas für die Durchgängigkeit getan werden.

Unsere letzte Station sollte das Wehr in Gronau sein. Am Wehr selbst ist zur Zeit leider kein Fischpass installiert. Die eigentliche Leine fließt allerdings sozusagen als Bypass am Kraftwerk vorbei. In diesem Arm dürfte nach Schätzungen von Günter Ohnesorge zu den Zeiten an denen der Lachs abwandert genügend Wasser vorhanden sein. Es bleibt abzuwarten, ob die Wassermenge zur Zeit der Laichwanderung der Lachse ausreichend ist. Von diesem Abschnitt waren unsere dänischen Gäste und Ede Brumund – Rüther besonderst angetan. Sie vermuteten, dass die Lachse hier  sogar im Hauptstrom laichen werden. Anlass dieser Vermutung war das ideale Substrat und die optimale Struktur des Flussabschnittes.

 

Ein langer Tag an der Leine ging nun zu Ende. Die vielen positiven Aussagen unserer Lachsprofis stimme uns alle positiv und wird uns in unserem Tun bestärken. Wir werden in unserer AG “Leine-Lachs 2001” weiter dafür arbeiten, das das Potential, das die Leine als Lachsfluss birgt, nicht ungenutzt bleibt.
Wichtig ist nun, dass das größte Problem der Durchgängigkeit angegangen und gelöst wird. Gefordert sind hier auch die Politiker, die den Trend der Zeit erkennen müssen und sich von der Wasserkraft als ökonomische und naturverträgliche Energiegewinnung verabschieden sollten. Ferner muss auch darüber nachgedacht werden, ob man mit einem eventuellen Neubau irgend welcher Wasserkraftwerke die Lage verschärft oder durch einen sukzessiven Rückbau der Kraftwerke und der Renaturierung der Flussläufe die Lage entspannt. Es kann unserer Meinung nach nicht sein, dass man einerseits mit Steuergeldern die Wasserkraft subventioniert und andererseits Steuergelder für die Renaturierung von Flussläufen ausgibt. Hier stimmt irgend etwas nicht!

Bedanken möchten wir uns auch noch einmal bei denjenigen die die Aktion “Leine – Lachs 2001” unterstützen und dafür einen Teil ihrer Freizeit opfern. Es bleibt weiterhin zu hoffen, dass die Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Vereinen weiterhin so hervorragend klappt.

Andy Krüger
AG “Leine-Lachs 2001

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